Vegan Verhüten mit dem Caya Diaphragma und NFP – Geht das? Die Youtuberin Lunar Jess berichtet von ihren Erfahrungen.
Ich verfolge ab und zu auch einige vegane und Rohkost-YouTube Kanäle. Lunar Jess mit ihrem Kanal ist mir vor allem deshalb im Auge geblieben, weil sie selbst schon einige Videos zur hormonfreien Verhütung und NFP gemacht hat. Ich freue mich nun euch das Interview mit Lunar Jess zu präsentieren! Viel Spaß beim Lesen… 😀
Liebe Jess, du hast mit 14 Jahren angefangen die Pille zu nehmen. Und dann mit 21 Jahren (Mitte 2013) die Pille abgesetzt. Wie kam es zu dieser Entscheidung hat deine vegane Ernährungweise etwas damit zutun gehabt?
Die Entscheidung die Antibabypille abzusetzen war ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Meine damalige langjährige Beziehung ging zu Ende, sodass ich die Pille zunächst nicht mehr benötigte. Dazu kommt meine Schilddrüsenunterfunktion, auf die – laut Arzt – auch die Einnahme der Pille Einfluss hatte. Letztlich waren auch Kosten und diverse Nebenwirkungen ausschlaggebend, dass ich die Pille absetzte. Zuvor hatte ich nur die Pille gewechselt, sodass diese wenigstens vegane Inhaltsstoffe besaß.
In einem deiner Videos erzählst du, dass du die Kupferspirale oder Kupferkette (Gynefix), aus medizinischen Gründen nicht anwenden kannst. Kannst du kurz erklären, warum?
Meine Frauenärztin untersuchte meine Gebärmutter und maß diese aus, um zu bestimmen, ob die Gynefix bei mir möglich sei. Die Spirale kam gar nicht infrage, da mein Muttermund zu eng ist, um diese einzusetzen. Bei der Gynefix besteht das Problem, dass meine Gebärmutter zu klein ist und deren Wände zu dünn, sodass beim Verankern der Kette in der Gebärmutterwand das Risiko besteht, dass der Bauchraum durch den Stich verletzt wird.
Mal angenommen die Gynefix wäre bei dir möglich, würdest du es heute ablehnen damit zu verhüten, weil Kupfer streng genommen nicht vegan ist?
Ehrlich gesagt, nein. Ich kann verstehen, wenn sich auch Veganerinnen dafür entscheiden, so zu verhüten. Im Vergleich zur Pille, für die auch Tierversuche durchgeführt werden, finde ich Kupfer ehrlich gesagt noch die bessere Wahl. In unserem Alltag, Elektronik etc. sind auch Kupferteile verbaut, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Heute bist du eine der bekanntesten NFP Anwenderinnen im Internet. Fühlst du hier eine Verantwortung die Methode zu verbreiten? Und warum hast du dich für NFP als Alternative zur Kupferkette entschieden?
NFP war die erste Methode die ich fand, nachdem ich im Internet nach alternativen Verhütungsmethoden ohne Hormone schaute. Da dies nur die Kosten für ein geeignetes Thermometer und die Mitgliedschaft bei myNFP mit sich brachte, wollte ich es ausprobieren. Ich wollte ein Gefühl für meinen Körper bekommen und verstehen, wie dieser funktioniert. Das passte zeitlich perfekt, da ich mir vorerst keine Gedanken um Verhütung machen musste und mich voll darauf konzentrieren konnte. Erst Monate später erfuhr ich von der Kupferkette und suchte meinen Arzt auf, der mir schließlich davon abriet und mir wieder die Pille verschrieb. Nach drei weiteren Monaten, in denen ich die Pille nahm, entschied ich mich letztlich wieder für NFP, da mir die Nebenwirkungen, die die Pille mit sich brachte, nur zu deutlich bewusst wurden. Über die positiven Erfahrungen, das neue Körpergefühl und auch das „Einspielen“ des Körpers (z. B. Hautprobleme) möchte ich natürlich berichten und entsprechend Tipps geben.
Wie die meisten NFP Anwenderinnen setzt du Barrieremethoden wie Diaphragma und Kondom an den fruchtbaren Tagen ein, um zu verhüten. Sind alle Kondome und Diaphragmen vegan? Worauf sollten speziell VeganerInnen beim Kauf achten?
Bei Kondomen ist es schwierig, da nur sehr wenige Marken vegan sind. Problematisch bei der Herstellung von Kondomen ist der Einsatz von Kasein, welches aus Milchprodukten gewonnen wird. Glyde sind wohl die bekanntesten veganen Kondome, versehen mit Vegan-Siegel, allerdings auch recht teuer mit ca. 8€ für 10 Stück. Meine Anfragen und auch Recherchen im Internet ergaben, dass fast alle bekannten Marken mithilfe von Kasein produzieren. Condomi Kondome sind allerdings auch noch für VeganerInnen geeignet und sehr *preisgünstig in Großpackungen erhältlich. Zudem gibt es diese auch in vielen verschiedenen Ausführungen und Größen, sodass für jeden ein passendes dabei ist – optimale Passform ist das Entscheidende wenn es um die Sicherheit von Kondomen geht. Mit diesen bin ich seit einer Weile aufgrund des Preis-Leistungsverhältnisses, Passform und Sicherheit sehr zufrieden. Fehlerhafte Kondome waren bisher noch nicht dabei.
Diaphragmen gibt es aus Silikon und Latex. Latex kam für mich aufgrund einer Allergie – die bei Kondomen komischerweise nicht problematisch ist – nicht infrage, weswegen ich mich mit der genauen Zusammensetzung und Herstellung nicht weiter beschäftigt habe. Bei Latex dürfte es aber auch zum besagten Problem mit der Nutzung von Kasein kommen, weswegen Produktanfragen empfehlenswert wären. Das Diaphragma, für das ich mich entschied, besteht aus Silikon und Nylon und ist deswegen unbedenklich.
Im einem deiner letzten Videos zum Thema „Vegan Verhüten” erklärst du, dass du aktuell das neue Diaphragma Caya verwendest. Kannst du kurz erklären, wie das Caya funktioniert und was an diesem Diaphragma so besonders gegenüber allen anderen Diaphragmen ist?
Das Caya Diaphragma unterscheidet sich zu herkömmlichen Diaphragmen darin, dass es nicht durch einen Frauenarzt angepasst werden muss und bei fast allen Frauen sitzt. Es ist einfach in der Apotheke oder im Internet erhältlich. Zudem hat es eine Griffmulde und Noppen, was das Einführen und Entfernen erleichtert.
Für das neue Diaphragma Caya gibt es aktuell noch keine Sicherheitsstudie und keinen Pearl Index. Wie wichtig sind dir solche Sicherheitsstudien, warum hast du dich trotzdem das Caya entschieden?
Zunächst hatte ich Lea, eine Portiokappe, ins Auge gefasst und danach in einer Apotheke gefragt, die diese nicht mehr vorrätig hatten. Empfohlen wurde mir das Caya Diaphragma, über das ich mich vor dem Kauf erstmal gründlich informierte, da ich davon bisher noch nicht gehört hatte. Ich las auch, dass der Sitz bestenfalls von ProFamilia überprüft werden sollte, auch wenn eine Anpassung beim Caya generell nicht erforderlich sei. Nach Kauf und problemlosen Einführen ohne Erfahrungen mit Diaphragmen, vereinbarte ich einen Termin. Dort wurde mir der „bombenfeste“ Sitz des Caya bestätigt. Das Caya ist, laut eigenen Angaben, genauso sicher wie andere Diaphragmen – auch hier ist die Sicherheit vom Sitz abhängig. Diaphragmen sind so sicher wie Kondome, die Sicherheit steigt natürlich mit der Erfahrung und der Sicherheit in der Anwendung. In den fruchtbaren Tagen bietet besonders ein Kondom zusammen mit dem * Caya Diaphragma einen sehr hohen Schutz vor einer Schwangerschaft.
Die Studienergebnisse zu anderen Diaphragmen weisen aus, dass eine Anwendung mit spermiziden Gel keine wirkliche Verbesserung der Sicherheit bringt. Benutzt du das spermizide Gel? Wenn ja warum? Und ist das Gel und das Diaphragma Caya vegan?
Ein spermizides Gel wird mit dem Caya Diaphragma nicht verwendet. Stattdessen wird mit dem Caya Diaphragma immer das Caya Gel verwendet, welches im Gegensatz zum klassischen, chemischen Spermizid die Spermien nicht abtötet. Das Caya Gel schafft einen sauren PH Wert, welches die Spermien „deaktiviert“. Die enthaltene Zellulose sorgt dafür, dass die Spermien nicht mehr schwimmen können und stellt damit eine Barriere am Muttermund dar. Dazu bietet die Silikonmembran des Cayas eine mechanische Barriere direkt vor dem Muttermund, welcher durch den Rand abgeschlossen wird. Vorteile dieses Gels im Gegensatz zum spemiziden Gel sind die gute Verträglichkeit und die positive Auswirkung auf die Scheidenflora aufgrund des pH Werts, welcher vor vaginalen Infektionen wie z. B. Pilzen schützt. Bei Spermiziden hingegen kann es zur Reizung der Schleimhäute, Brennen und Jucken, sowie erhöhter Gefahr für Infektionskrankheiten kommen. Das Caya Gel, welches identisch mit dem Contragel grün ist, ist vegan. Es ist auf Basis von Milchsäure, Zellulose, Sorbinsäure, Wasser und Natriumlactat.
Unser Blog wird auch von vielen NFP Anwenderinnen gelesen. Hier verwendet die Mehrheit den Zervixschleim als zweites Symptom neben der Basaltemperatur zur Bestimmung der fruchtbaren und unfruchtbaren Tage im Zyklus. Warum bist du mittlerweile auf die Muttermund Beobachtung umgestiegen, die man alternativ zum Zervixschleim verwenden kann? Welche Vorteile siehst du da für dich?
Nach einigen Zyklen, in denen ich den Zervixschleim zur Auswertung benutzt habe, habe ich mich dazu entschlossen, auch die Entwicklung des Muttermundes in mein Datenblatt zu notieren, um festzustellen, was mir leichter fällt. Mir ist dabei aufgefallen, dass mir die Einordnung bzw. Kategorisierung einfacher fällt, als beim Zervixschleim. Zumal der Muttermund „eindeutiger“ ist und im Gegensatz zum Zervixschleim nicht von möglicher Erregung gestört ist.
Ebenso verwendet die Mehrheit der NFP Anwenderinnen ein digitales Thermometer zur Messung der Basaltemperatur. Du verwendest hingegen ein analoges NFP Thermometer. Hat das etwas damit zu tun, dass digitale Thermometer nicht vegan sind, oder hat das andere Gründe?
Der Grund dafür liegt an meiner Erfahrung mit dem digitalen Thermometer und der Handhabung. Ich fand sowohl die Spitze des Thermometers unangenehm einzuführen, da sie sehr dünn ist und man sich unter Umständen verletzen kann. Zudem ist das erste Thermometer recht schnell kaputt gegangen und hat Fehlermeldungen angezeigt und die Zykluskurven wurden unruhig, sodass ich ein analoges Thermometer ausprobieren wollte. Dieses ist sowohl einfacher in der Einführung, benötigt keine Batterien (also auch keine plötzlichen „Ausfälle“) und meine Zykluskurve ist ruhiger geworden. Und letztlich hat man auch kein nerviges Piepen mehr am frühen Morgen, vor allem wenn der Partner vielleicht noch schläft.
Wenn du an alle Frauen, die jetzt gerade anfangen möchten, vegan und hormonfrei zu verhüten, eine Nachricht senden könntest, was würde drin stehen?
Probiert es aus, lernt euren Körper in Ruhe kennen, schaut wie sich euer Zyklus entwickelt und freut euch auf ein neues Körpergefühl ohne Hormone und ohne Nebenwirkungen.
Vielen lieben Dank für deine Antworten und detaillierten Informationen!